Chancen vertan – Radwege überzeugen nicht

Wer das neu ausgebaute Viadukt an der Trippstadter Straße sieht, mag sich denken: „Oh, wie schön, so viel Platz für Geh- und Radwege!“ Doch schaut man genauer hin, so schlägt die Freude schnell in Unmut um. Denn während den Geh- und Radwegen im Viadukt immerhin zwei Meter zugestanden wurden, ist die Fahrradsituation an beiden Enden des Viadukts merkwürdig. Oder verstehen Sie, wie man sich an den markierten Stellen in den Fotos 1 und 2 als Radfahrer richtig verhält?

Mal wieder möchte man sich bei Foto 1 fragen: „Warum hört der Fahrradweg einfach hier auf?“ Hinzu kommt die Unklarheit, für wen eigentlich die Ampel gilt. Muss man bei Rot an der Haltelinie halten und darf erst bei Grün geradeaus auf dem Gehweg mit „Fahrrad frei“-Schild weiterfahren? Natürlich in Schritttempo! Welch absurde Verkehrsführung.

Nicht viel besser sieht es in die andere Richtung aus. Kommt man bei Foto 2 aus der Unterführung an der Zollamtstraße raus und möchte links in Richtung Supermärkte abbiegen, steht man nun nach der ersten Ampel auf einem neuen „Abbiegestreifen“. Und dann? Man wartet auf die nächste Gehweg-Ampel, die nun ein Fahrradsymbol zusätzlich erhalten hat. Dies dauert aktuell mehr als 30 Sekunden. Links Abbiegen für Fahrradfahrende also nur mit zwei Ampeln möglich – sogenanntes indirektes Abbiegen. Vielleicht sicher, aber in diesem Fall sicher nicht schnell. Und dazu mit gewöhnungsbedürftiger Markierung.

In Kaiserslautern hat sich erneut bestätigt: Das Auto steht im Mittelpunkt. Anstatt sichere und schnelle Radverkehrsinfrastruktur auszubauen, wurden neue verwirrende Verkehrssituationen geschaffen. Über die nicht-ebenerdigen Bordsteine in Foto 2 sowie die Unebenheit in Foto 3 kann man da nur noch den Kopf schütteln. Schade, das hätte man besser machen können.

Anfang 2024 hatte KlimaLautern eine alternative Vision für das Viadukt entworfen: Das Viadukt für den Umweltverbund. Es handelt sich um die Idee einer Stadtplanung, die den Geh- und Radverkehr in den Mittelpunkt stellt, den Busverkehr fördert und den öffentlichen Raum lebenswerter gestaltet.

Während der Vorschlag in der Zivilgesellschaft zumeist Interesse, Zustimmung oder konstruktive Kritik hervorrief, lehnte die Stadtverwaltung Gesprächsanfragen schlichtweg ab – die Planung sei bereits gelaufen. Die Enttäuschung bleibt und die Kritik am schlechten Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur ebenso.


Nachtrag 02.12.2024

Die Stadtverwaltung Kaiserslautern informiert: Die Ampel auf Foto 1 gilt nur für links Abbiegende. Der rechts abbiegende Radverkehr ist in beiden Fahrtrichtungen signalfrei (anders als der Pkw-Verkehr). Das indirekte Linksabbiegen wird vermehrt im Stadtgebiet eingesetzt, wo sich noch keine eigenen Spuren für den Radverkehr realisieren lassen. Die Problematik mit dem Bord an der neuen Mittelinsel (Foto 2) ist bekannt: Es ist ein Baufehler, die Mittelinsel hätte nach Plänen der Stadtverwaltung eine Nullabsenkung erhalten sollen – eine Mängelbehebung wurde angefordert und wird nachverfolgt.

Stellungnahme Nahverkehrsplan 2023

Stellungnahme zum Entwurf des Nahverkehrsplans von Kaiserslautern

Im Sommer 2023 veröffentlichte die Stadtverwaltung einen Entwurf für den Nahverkehrsplan (NVP) von Kaiserslautern (hier zu finden, inklusive Anhang) und bat um Anregungen und Meinungen dazu. Als Mobilitätsgruppe von KlimaLautern nahmen wir dies als gute Möglichkeit wahr, sich direkt in den Gestaltungsprozess des ÖPNV einzubringen. Es gilt: Je mehr Menschen sich interessieren, beteiligen und Rückmeldungen geben, desto deutlicher wird die Wichtigkeit des Themas. Ein gutes Angebot an öffentlichem Personennahverkehr ist essenziell für die Verkehrswende. Eine Verbesserung des Angebots trägt unmittelbar zu den Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) bei. Hauptsächlich betroffen sind die Ziele 11 (nachhaltige Städte und Gemeinden) und 13 (Maßnahmen zum Klimaschutz). Im Folgenden schildern wir unser Lob und unsere Kritik am NVP.

Wir begrüßen es ausdrücklich, dass eine Verdichtung des Takts im Stadtgebiet sowie eine Vereinfachung des Linien- und Fahrplans (z. B. Aufsplittung der Linie 101 in die Linien 101 und 110) angestrebt werden. Verständlicher und regelmäßiger ÖPNV über den gesamten Tag (auch in den frühen Morgen- und späten Abendstunden) unter der Woche sowie am Wochenende erhöhen die Zugänglichkeit und Attraktivität des Angebots. Ein gut ausgebauter ÖPNV steigert außerdem die soziale Inklusion von Menschen ohne Auto (u. a. Kinder, Jugendliche, alte Menschen).

Neue Direktanbindungen an den Hauptbahnhof, bspw. aus Dansenberg, Mölschbach, Erfenbach, Bänjerrück fördern das berufliche Pendeln mit dem ÖPNV. Eine bessere Anbindung des Westpfalz-Klinikums nahe Pfaffplatz ermöglicht zudem die Nutzung des ÖPNV im Krankheitsfall (wenn die Nutzung von Auto und Fahrrad und zu Fuß gehen nicht möglich sind) und zu Besuchszwecken.

Wir unterstützen den Vorschlag, eine neue Haltestelle „Kaiserslautern Nord“ (Arbeitstitel) für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV), d.h. Züge, einzurichten. Vor allem Option VI mit Zugängen zur Friedenstraße und zur Mannheimer Straße schafft eine SPNV-Anbindung für die Bewohner*innen des Grübentälchens mit Umsteigemöglichkeiten zu den (neuen) Buslinien 101/110 und 104. Dadurch werden eine weitere attraktive Anbindung des PRE-Parks an den SPNV und eine schnelle Verbindung zum Hauptbahnhof geschaffen. Dies ist ebenso wichtig für viele Arbeitnehmer*innen, die täglich aus dem Umland in den PRE-Park pendeln. Weiterhin befinden sich dort wichtige Freizeiteinrichtungen wie die UCI Kinowelt, das monte mare und das Hotel Holiday Inn Express Kaiserslautern. Neben den barrierefreien Zugängen ist ein Bau der Treppe von der Haltestelle zur Nordbahnstraße aus unserer Sicht wünschenswert, um kurze Fußwege zu ermöglichen.

Der Betzenberg ist in der aktuellen Planung lediglich über die Linie 102 an den Hauptbahnhof, aber nicht an andere Stadtteile angebunden. Dabei befinden sich auf dem Betzenberg Freizeiteinrichtungen wie das Stadion, die Boulderhalle RockTown, die Trampolin Jump Arena, der nahegelegene Wildpark sowie das Best Western Hotel, das insbesondere auch von Gästen der Uni genutzt wird. Daher schlagen wir eine Verlängerung der Linie 118 über den Betzenberg vor. Dadurch entsteht eine Direktverbindung zwischen Bänjerrück, Uni und dem Betzenberg. Alternativ sollte zumindest eine Umsteigemöglichkeit zwischen der Linie 118 und 102 im Dunkeltälchen/Bremerstraße geboten werden.

In Tabelle 35 des NVP wird das Gewerbegebiet West als „eher autoaffines Ziel“ beschrieben, was als Grund dafür dient, dass kein Handlungsbedarf zur Verbesserung der Verbindungsqualität bestehe. Dem widersprechen wir. Im Umkreis der Merkurstraße befinden sich viele relevante Fahrtziele: Freizeiteinrichtungen (Vogelwoog, Fitnessstudios, Escaperooms, Gleamgolf), Geschäfte (Schuhgeschäfte, Secondhandladen, Decathlon, Saturn, Inneneinrichtungsläden, Müller etc.), aber beispielsweise auch das Demonstrations- und Anwendungszentrum (DAZ) eine Außenstelle des Instituts für Verbundwerkstoffe der Universität. Eine bessere Erreichbarkeit mit dem ÖPNV (und dem Fahrrad) könnte den Autoverkehr reduzieren und das Gebiet für Menschen ohne Auto zugänglicher machen.

Die Linienführung der Linien 101 im Bereich Einsiedlerhof und der Linie 102 auf dem Betzenberg sind aus unserer Sicht unübersichtlich, da sie zeitabhängig verschieden Linienverläufen folgen. Wenn die Buslinien nicht aufgespalten und ggf. umgeplant werden sollen, könnte zumindest eine Aufteilung in Linie 101a und 101b, 102a und 102b mit Darstellung der jeweiligen Linienverläufe bei der Kommunikation der Linien helfen. Aus den Liniensteckbriefen in Anhang F ist der konkrete Verlauf einer Fahrt nicht ersichtlich.

Für die Linie 114 ist eine Änderung des Fahrtwegs über die Haltestelle Uni West (statt Davenportplatz) interessant. Dies verbessert die Anbindung an die Uni und bietet Umsteigemöglichkeiten in Richtung der Institute (u. a. DFKI, Fraunhofer).

Regelmäßige Fahrten zu den Haltestellen Mühlstraße und Kammgarn sind vor allem für die Erreichbarkeit der Hochschule an Wochentagen und der Gartenschau und Kammgarn am Wochenende sowie der Restaurants Milano, Old Station und Brauhaus an der Gartenschau in den Abendstunden wichtig.

Im Besonderen möchten wir darauf pochen, dass die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der Busse verbessert wird. Dies ist essenziell, um langfristig neue Kunden für den ÖPNV zu gewinnen. Dazu müssen Vorrangschaltungen an Ampeln (wieder) etabliert werden. Umsteigemöglichkeiten in der Stadtmitte (Rendezvous-Prinzip) müssen sichergestellt werden.

Bei der Fahrplanung sollte weiterhin darauf geachtet werden, dass bedeutende Umstiege zwischen Bussen und SPNV möglich sind. Dabei ist beispielsweise der Umstieg zum RE1 zu nennen, der sowohl als Pendelverbindung für Arbeitnehmer*innen relevant ist als auch eine Anbindung an Fernverkehrsbahnhöfe und touristische Ziele bietet.

Darüber hinaus sollte die Bereitstellung von Informationen für Fahrgäste verbessert werden: korrekte Anzeigen außen an den Bussen, Haltestelleninformationen in den Bussen per Durchsage und digitaler Anzeige, Echtzeitinformationen zu Verspätungen in den Apps und auf den DFI-Anzeigen.

Bei der Rendezvous-Situation in der Stadtmitte ist sicherzustellen, dass Fahrgäste schnell den richtigen Bus in die richtige Richtung finden. Dabei ist es ein Hindernis, dass die Burgstraße im Bereich der Bushaltestellen nicht autofrei ist und so ein Überqueren der Straße erschwert wird. Bei vielen Bussen gleichzeitig ist das Fahrgastaufkommen punktuell sehr hoch und die Situation durch die vielen wartenden Busse potenziell unübersichtlich. Ein zentraler Wegweiser zu den Abfahrtspunkten und eine zentrale DFI-Anzeige für die gesamte Haltestelle Stadtmitte könnten bei der Orientierung helfen.